Auszüge aus der Baumbroschüre der Stadt Soest

Klaus Schmedtmann


Unseren Vorfahren waren Bäume heilig - heute stehen sie "im Wege". Früher pflanzte man sie zur Hochzeit und bei der Geburt eines jeden Kindes - heute regt man sich über "Verschmutzung" durch Blätter, Blüten und Früchte auf. 

Früher waren Häuser ohne Bäume undenkbar - heute "verschatten" sie Wohnungen, "belästigen" Nachbarn, "behindern" Wohnungs- und Straßenbau. Sie scheinen überall zu stören.

 

Es wird höchste Zeit sich zu besinnen und umzudenken. Leider haben viele Mitmenschen vergessen, welche Leistungen unsere Bäume tagtäglich für uns erbringen.



 

Der Baum als Kulturgut

 

 

Heute zählt Soest zu den waldärmsten Kommunen Deutschlands. Doch das war nicht immer so.

 

 

 

Ursprünglich war die Gegend – wie ganz Westfalen – bewaldet. Mit der organisierten Salzgewinnung durch Sieden von Quellwasser (5./6. Jh. n.Chr.) begann man, Wälder zu roden und den Boden zu kultivieren. Die Landschaft jener Zeit zeigte in erster Linie Waldflächen, aufgelockert von Lichtungen mit unregelmäßig eingestreuten kleinen Ansammlungen von Gehöften. Jahrhundertelang lieferte der Wald einfach alles: Heiz- und Baumaterial, Futter, Ersatzdünger, Streu. 

Holz war die alltäglichste Energiequelle. Da die Bauern hauptsächlich von der Viehhaltung lebten, wurde das Vieh in die Buchen- und Eichenwälder mit ihren Bucheckern und Eicheln getrieben (Nähr- und Hudewälder). Bis zum 30-jährigen Krieg (1618-48) waren Dauerackerland und Weiden die Ausnahmen. Im„Simplicissimus“ schreibt Grimmelshausen, der selbst um 1636 in Soest gelebt hat, dass das „Jägerken von Soest“ in den Wäldern des Jagdgebietes des Klosters Paradiese umherstreifte. Viele Bäume fielen dem Krieg für den Bau von Palisaden, Waffen und sonstigem Kriegsmaterial zum Opfer. Das Bördekataster von1685 belegt, dass z.B. Ampen damals immerhin noch über 10 Hektar Waldbestand hatte. Bis 1820 war der Amper Bruch eine Sumpflandschaft mit waldartigem Charakter, in dem sich im Siebenjährigen Krieg (1756 – 63) und zur „Franzosenzeit“ Mensch und Tier vor den Feinden verstecken konnten. Damals waren noch viele Gehöfte von kleinen Waldungen umgeben, als Wetterschutz, aber auch für Brand- und Bauholz.

 

 

 

Eine weitere Dezimierung des Waldbestandes im Raum Soest fand im Dritten Reich statt, als die Landwirte für die Umwandlung von Wald- in Ackerfläche finanziell belohnt wurden.

 

 

 

Später führte die moderne Landwirtschaft zur Flurbereinigung. Hecken und Feldgehölze verschwanden größtenteils. „Agrarsteppen“ entstanden vielerorts. Herrliche Baumalleen fielen Straßenverbreiterungen (z.B. in Richtung Arnsberg, Paderborn und Werl) zum Opfer.

 

 

 

Auch in der Stadt Soest selbst hat sich in den letzten 100 Jahren einiges verändert. Viele imposante Bäume zierten früher die Innenstadt. Ein Teil fiel im Bombenhagel des 2. Weltkriegs. Eine große Anzahl musste aber auch den Bebauungen, dem Verkehr und anderen Nutzungen weichen. In den 50-er und 60-er Jahren wurden in den neuen und alten Siedlungen viele Bäume und Sträucher gepflanzt, um den grauen Alltag mit Grün und Blüten zu verschönen. Leider wurden in den letzten Jahren aus vielen Gärten und Vorgärten stadtbildprägende Bäume entfernt. Sicherlich waren einige zu groß, zu alt, zu krank geworden oder hatten sich als ungeeignet erwiesen. Jedoch wurden leider auch viele gefällt, weil die Besitzer sich nicht des ökologischen Wertes bewusst waren oder weil sie die Sonne bevorzugten oder weil sie es „ordentlich“ und gepflegt haben wollten. Argumente wie „Bäume machen Dreck und Arbeit“ hört man leider viel zu oft. Etliche dieser Grundstücke haben an Charme und Individualität verloren und sehen kahl aus, und die Häuser sind nackt. Vögel und andere Tiere fühlen sich dort nicht mehr wohl. Das Ökosystem „Garten“ ist gestört.

 

 


 

 

Bäume verdienen Ehrfurcht!

 

 

 

Unsere Urahnen verehrten alte Bäume. Für sie hatten diese etwas Göttliches. Hier einige Beispiele:

 

 

 

Der Weltenbaum

 

In den Mythen fast aller Völker verkörpert der Weltenbaum das Sinnbild des ewigen Lebens und verbindet Himmel, Erde und Unterwelt, wie z.B. die Weltesche „Yggdrasil“ bei den Germanen.

 

 

 

Der Lebensbaum und der Baum der Erkenntnis

 

Der Lebensbaum bedeutet ebenfalls Unsterblichkeit in der Mythologie, aber auch Jugend und Gesundheit. Er wird verschieden dargestellt: als Lotos oder Pinie bei den Assyrern, als Dattelpalme bei den Ägyptern oder als Palme bei den Indern. Laut Bibel (Gen. 2/16) wächst er im Garten Eden neben dem Baum der Erkenntnis (als Granatapfel oder als Feigenbaum dargestellt) und steht für die Polarität von Gut und Böse, Leben und Tod, Mann und Frau.

 

 

 

Der Heilige Baum

 

Mit sogenannten Heiligen Bäumen wurden Gottheiten verehrt. Bereits im babyl.-asyr. Gilgamesch-Epos (ca. 2.600 v. Chr.) wird eine alte Zeder als heilig beschrieben. In Indien ist es der Feigenbaum, weil unter einem solchen Buddha geboren und später erleuchtet wurde. Die Griechen verbinden die Eiche mit Gottvater Zeus, den Granatapfel mit dessen Frau Hera, den Nussbaum mit Artemis (Göttin der Jagd) und den Lorbeerbaum mit ihrem Zwillingsbruder Apollo (Gott des Lichtes, der Jugend, der Dichtung, der Musik).

 

 

 

Der Gerichtsbaum

 

Jahrhundertelang hielten unsere Vorfahren unter großen Bäumen - meistens Linden, aber auch Eichen - Gericht ab. Oder man traf sich dort zum „Thing“ zur Volksversammlung. Die Eiche war dem Gewittergott Donar und die Linde der Liebesgöttin Freya (Frigga) gewidmet. Unter Dorflinden wurde geheiratet, gefeiert, geplaudert. Mehr als 850 Ortsnamen soll es in Deutschland geben, in denen das Wort „Linde“ vorkommt.

 

 

 

Der Maibaum

 

Auch unter dem Maibaum – meistens eine Birke – wurde und wird gern gefeiert und getanzt. Er verkörpert noch heute das Erwachen der Natur.

 

 

 

Noch zu erwähnen wären

 

-      Richtbaum (meistens Fichte und Tanne)

 

-      Christbaum (Tanne, Fichte, Kiefer)

 

-      Stammbaum

 

-      Galgenbaum

 

 

 

Vielen Baumarten wurden früher schützende Kräfte zugeschrieben (z.B. Lärche, Ulme, Ahorn), andere wiederum hatten ein dämonisches Image (Erle, Pappel, Weide).

 

 

 

 

 

In der Naturheilkunde hatten oder haben folgende Bäume eine besondere Bedeutung:

 

 

 

-      Ahorn (Blätter, in gekochtem Wasser erweicht, 

        sollen Wunden heilen)

 

 

 

-      Birke (Birkensaft bei Haarpflege)

 

 

 

-      Gingko (Früchte und Blätter zur besseren Hirndurchblutung bei

        Gedächtnisstörungen, Schwindel, Ohrensausen)

 

 

 

-      Latschenkiefer (Franzbranntwein bei Muskel-, Glieder- und 

        Kopfschmerzen)

 

 

 

-      Linde (Lindenblütentee gegen Erkältung)

 

 

 

-      Rosskastanie (Rindenextrakt gegen Krampfadern, 

        Venenentzündungen, Hämorrhoiden)

 

 

 

-      Silberweiden (Blätter- und Rindenabsud zur Fiebersenkung)

 

 

 

-      Vogelbeerbaum/Eberesche (Blättertee gegen Magen- und 

        Darmverstimmung)

 

 

 

-      Wacholder (Beeren zur Entwässerung, auch als Gewürz 

        und zur Schnapsherstellung)

 

 

 

-      Walnussbaum (Blätterabsud gegen Gicht und Hautkrankheiten)

 


 

 

 

 

Über den Wert von Bäumen

 

 

 

Ein Baum wird erst richtig wertvoll, wenn er älter als ein Mensch ist. Baumveteranen sind lebendige Geschichte und einzigartige Zeugen vergangener Jahrzehnte oder gar Jahrhunderte. Sie haben schon immer eine besondere Ausstrahlung auf Maler, Fotografen, Dichter usw. ausgeübt und Menschen jeden Alters in den Bann gezogen. Baumrecken sollten uns ehrfürchtig machen, damit wir die Gesetze der Natur wahren und das Leben nicht nur unter ökonomischen Gesichtspunkten sehen. Ein Baum ist eben mehr als nur Bau- und Brennmaterial. Er ist ein Lebewesen, ein wahres Wunder der Natur!

 

 

 

Betrachen wir einen Gingkobaum, so kann man sich kaum vorstellen, dass diese Baumart bereits vor 200 Millionen Jahren auf der Erde wuchs. Der älteste Gingko soll 3.500 Jahre zählen (in Shandong/China). In Soest steht eine Gingko als Naturdenkmal auf dem Grundstück „Walburger Str. 14“.

 

 

Ebenfalls vor 200 Mio. Jahren gab es bereits Urwelt-Mammutbäume. Sie verlieren ihre weichen Nadeln im Herbst und sind nicht zu verwechseln mit Mammutbäumen mit ihren immergrünen, harten Nadeln. Beide sind mit den amerikanischen „Redwoods“ verwandt. Der Urwelt-Mammutbaum wurde1944 in einem entlegenen Gebiet Chinas wiederentdeckt. Inzwischen gibt es auch in Soest mehrere schöne Exemplare. Beide 200 Mio. Jahre alten Baumarten leben also mitten unter uns!

 

In Kalifornien gibt es Riesen-Mammutbäume mit über 100 m Höhe. Im „Yellowstone Park“ ist einer 3.600 Jahre alt und hat in 1 m Höhe einen Stammumfang von ca. 35 (!) m. In Nevada steht eine fast 5.000 Jahre alte Borstenkiefer und in Japan eine weit über 7.000 Jahre alte Sicheltanne. In Australien soll es sogar eine 40.000 (!) Jahre alte Stechpalme geben.

 

 

 

Allen Baumliebhabern empfehlen wir:

 

Besuchen Sie die sogenannte Goethe-Eiche und die Schiller-Buche im Waldreservat Obereimer im Staatswald Arnsberg, beide ca. 350 Jahre alt, beide mit einem Stammumfang von über fünf Metern. Es ist beeindruckend, vor ihnen zu stehen und sie mit ihrer ungeheuren Ausstrahlung an Lebenskraft zu begreifen.

 

  

 

Nordrhein-Westfalen ist das bevölkerungsreichste Bundesland,aber auch gleichzeitig eines der waldärmsten. NRW hat 24,7% Waldfläche (BRD=29,5). Die Stadt Soest wiederum liegt mit einem Waldanteil von nur 1,3% an drittletzter Stelle der 396 Kommunen in NRW. Zählte man bei uns die Park- Grün- und Sportanlagen hinzu, käme man trotzdem nur auf 2,7% öffentliche Grünfläche. Deshalb ist es wirklich so enorm wichtig, dass der öffentliche Baumbestand trotz knapper Kassen gehegt, gepflegt und erhalten, ja sogar erweitert wird. Das Gleiche gilt für das private Grün. Wir brauchen Bäume, Bäume, Bäume! Jeder Baum, der in jungen Jahren gefällt wird, geht der nächsten Menschengeneration als aktiver Lebensspender, als eine Art „Ökofabrik“, als „grüne Lunge“ verloren.

 

 

 

 

Ein Wunder der Natur:

 

 

Eine ca. 100  Jahre alte Buche (29 m hoch, mit riesiger Krone und ca. 60.000 Blättern) kann ungefähr 18 kg Kohlendioxid (CO2) an einem einzigen Sonnentag verarbeiten. Das ist der durchschnittliche Kohlendioxid-Abfall von 2 ½ Familienhäusern.

 

 

 

Dabei werden ca. 36.000 cm³ Luft von den Blättern aufgenommen und gefiltert. Bakterien, Pilzsporen, Staub und andere schädliche Stoffe, die in der Luft schweben, bleiben größtenteils in den Blättern hängen. Gleichzeitig wird die Luft angefeuchtet, denn ca. 400 Liter Wasser verbraucht und verdunstet dieser Baum jeden Tag. Das verbessert unsere Atemluft.

 

Bei Sonnenlicht entstehen durch Umwandlung von Kohlendioxid und Wasser (Photosynthese genannt) ca. 13 kg Sauerstoff, die den Bedarf von ca. 10 Menschen decken. Wenn nun dieser Baum gefällt wird, so müsste man etwa 2.000 (!) neue Bäume pflanzen, wollte man ihn vollständig ersetzen. Die Kosten dürften mehr als 150.000,-€ betragen (nach Buff „Bäume im Bild“). Ein Baum ist also ein „Kleinklima“-Lieferant vor Ort, eine Art „Klimaanlage“ in überhitzten Innenstädten.

 

 

 

Und außerhalb sorgen Baumgruppen, Waldinseln oder gar Wälder als Kaltluftentstehungsgebiete für ein gesundes Klima in den Wohngebieten, was in der Soester Senke und innerhalb der Wälder besonders wichtig ist. Gleichzeitig dienen Bäume und Hecken als natürlicher Schutz gegen die immer häufiger auftretenden Stürme und als Abschirmung gegen den Straßenverkehr. Last but not least: Bäume bieten Heimat, Zuflucht und Nahrung für eine Vielzahl von Lebewesen. Bäume sind auch Erholungsräume für den Menschen, und die Wälder schützen unser Trinkwasser. Sie sind das „schützende Kleid unserer Erde“.

 

 

 

Die Filtereigenschaften der belaubten Bäume sind aktueller denn je. Etwa 100 kg Staub können die Blätter eines Großbaums im Jahr binden. Der Regen spült ihn auf den Boden. An der Soester Messstation wurden im Jahre 2005 sechsmal die Grenzwerte für Feinstaub überschritten. Bäume sind ideale „Luftreiniger“ und schützen uns vor Abgasen.  

 

 

 

Grün macht eine Stadt liebens- und lebenswerter und gesünder, und das ist im Interesse des Gemeinwohls!

 

 

Wegen ihrer vielen ökologischen Funktionen haben Bäume im Siedlungsbereich einen hohen finanziellen Wert. Bei alten Bäumen ist dieser höher als bei jungen. Schadensersatzforderungen können mehrere tausend Euro betragen, wesentlich mehr als der eigentliche Holzwert.  

 

 

Nicht zuletzt haben die Hitzesommer 2003 und 2006 gezeigt, wie wertvoll Bäume als Schattenspender sind.

 

                         

 

 

 

Auszüge aus:  

Was Sie über Bäume auf Privat-Grundstücken wissen sollten.

 

Informationen zur neuen Baumschutzsatzung (2006) und Tipps für Ihre Bäume

 

Herausgeber: Stadt Soest –Ausschuss für Umwelt- und Naturschutz,  

Agenda-Forum „Natur- und Landschaftsschutz

 

K+K Schmedtmann 

 

 

    

 

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